Gleichheit, Brüderlichkeit, Freiheit von Jef Geys |
Jef Geys arbeitet im Grenzbereich zwischen Kunst und alltäglichem Leben. Er greift das Definitionsmonopol der Kunst-Institutionen und -experten genauso an wie das Gefällige, Geschmäcklerische und Klischeehafte des konventionellen Schönheitskanons, des Kitsches und der Populärkultur. Diese Spannung zwischen 'High' und 'Low' interessiert ihn bereits seit den frühen sechziger Jahren. Geys gibt ihr Ausdruck in seinen Bildern, Skulpturen und Installationen und in der biografischen Serie 'GROTE Zaadzakjes/Große Samentüten 1962001', die zeitgleich mit seiner Arbeit für die Messestadt Riem im Kunstverein München vollständig zu sehen sind. Bei Geys bilden soziale, interaktive Projekte das Fundament der künstlerischen Praxis. Innerhalb der Region, in der er lebt, hat er zusammen mit seinen Mitmenschen verschiedene Projekte entwickelt, die er zunächst vor Ort durchführte und erst in einer späteren Dokumentation im Kunstkontext präsentierte. So gründete er 1969 das Kabarett 'Bar 900'. 1971 beteiligte er sich mit 'Vieille Montagne' als Künstler an einem Streik gegen eine Werkschließung, entwickelte als Lehrer an einer Grundschule Dutzende von Projekten mit Schülern und Lehrern und initiierte 1993 für das Kunstzentrum Witte de With in Rotterdam ein lokales Fernsehvorabendprogramm.
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Nach der Geschäftsaufgabe der regionalen Zeitung 'Kempens Informatieblad' übernahm er deren Titel für Sonderhefte mit Informationen und Hintergrundberichten zu seinen Ausstellungen. Ein Sonderheft erscheint auch zu diesem Projekt sowie zu der Ausstellung im Münchner Kunstverein.
In der Messestadt Riem reaktiviert und erweitert Jef
Geys ein Projekt, das er 1986 für die viel besprochene
Ausstellung 'Chambres d' Amis' in Gent, Belgien entwickelte.
Die Idee der Ausstellung war es, Künstler ihre Arbeiten
in ausgewählten Privatwohnungen zeigen zu lassen und
damit die Grenzen zwischen öffentlich und privat sowie
institutionell und sozial faktisch aufzuheben. Jef Geys
präsentierte in sechs Wohnungen Türen, auf die er die
drei Ideale der französischen Revolution von 1789 geschrieben
hatte: 'Gleichheit, Brüderlichkeit, Freiheit'. Im Gegensatz
zu den anderen, großbürgerlichen Gastgeberwohnungen
der Ausstellung wählte Geys sechs enge Kleinwohnungen.
Neben der distanzierten Kunstbetrachtung ergab sich
gleichzeitig eine Konfrontation mit realen Lebenssituationen.
In der Messestadt Riem sucht Jef Geys zwölf Wohnungen,
um dort Türen mit der Parole 'Gleichheit, Brüderlichkeit,
Freiheit' zu beschriften, und zwar in der jeweiligen
Muttersprache der dort Wohnenden.
Stand Frühjahr 2001
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