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like it/like it not... von Sissel Tolaas


Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich eine geteerte Straße in der Sommerhitze vor, den Duft von blühendem Flieder oder den Geruch eines frisch gebohnerten Hausflurs. Was riechen Sie?

Wenn wir über Gerüche reden und sie beschreiben, versuchen wir, sinnliche Wahrnehmung in Worte zu fassen und subjektives Empfinden über einen sprachlichen Akt zu objektivieren. Die norwegische Künstlerin Sissel Tolaas spielt in ihren Arbeiten mit der menschlichen Sinneserfahrung. Sie ist immateriellen Aspekten unserer Umwelt auf der Spur, die nicht mit Augen oder Ohren wahrnehmbar sind, sondern unbewusst durch die Nase aufgenommen werden. Sissel Tolaas spürt Gerüchen und Düften in aller Welt nach und hat inzwischen ein umfangreiches Geruchsarchiv aufgebaut. Neben dem Versuch, diese Eindrücke zu fixieren, möchte die Künstlerin die Wahrnehmungen bewusst machen und sie konkret mit Worten benennen. Gerade in Geruchsfragen wird schnell deutlich, dass die Beschreibung der einzelnen Nuancen nie genau das wiedergeben kann, was die eigene, konkrete Erfahrung uns vermittelt. Umso wichtiger ist es, Assoziationen und Erinnerungen, die mit Gerüchen verknüpft sind, festzuhalten.

In dem Projekt "like ist/like it not/like it..." zeigt sich, dass Sinneswahrnehmungen nicht nur von persönlichen Erfahrungen, sondern auch kulturell geprägt sind und eine identitätsstiftende Funktion haben können. Die Künstlerin eröffnet über das Medium Geruch eine ungewöhnliche Möglichkeit, die Messestadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner per Knopfdruck kennen zu lernen: Zusammen mit einem Parfümdesigner analysiert sie zunächst die Gerüche der Messestadt Riem und kreiert daraus einen speziellen Duft - ein Parfüm, das den Charakter der Messestadt versinnbildlicht.


In der zweiten Projektphase werden verschiedene Bewohnerinnen und Bewohner der Messestadt gebeten, den professionell hergestellten Duft in ihrer Muttersprache zu beschreiben. Im neu entstehenden Stadtteil wohnen schon jetzt Menschen verschiedener Nationalität. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft bringen sie jeweils ihre eigenen Metaphern und Begriffe in die Beschreibung ein. In der westlichen Welt wird über das Riechen und über Gerüche meist indirekt gesprochen, Düfte werden umschrieben oder in Bildern ausgedrückt. Es besteht ein Missverhältnis zwischen der Vielfalt dessen, was unsere Nasen wahrnehmen, und unseren sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten. In anderen Sprachen hingegen, z.B. in afrikanischen, können Gerüche detailliert beschrieben werden. Auf Basis der verschiedenen Erklärungen entwickelt Sissel Tolaas "Slogans", von denen sich dann der Name des Parfüms ableiten wird.

Anschließend werden an drei Orten im Stadtraum der Messestadt Automaten aufgestellt, an denen der spezifische Geruch der Messestadt, gekoppelt mit den Slogans und den Beschreibungen der Bewohnerinnen und Bewohner, abgerufen werden kann. Die schmalen Edelstahlsäulen werden auf der Promenade, in einer Tiefgarage und vor dem Messehaupteingang stehen. Per Knopfdruck aktiviert der Passant einen elektronischen Schaltkreis, der den Duft aus kleinen Öffnungen entweichen und die Beschreibungen ertönen lässt.

Kommen Sie in die Messestadt, schließen Sie die Augen und riechen Sie! Die Messestadtbewohner werden Ihnen helfen, passende Worte zu finden oder neue zu entdecken.

Stand Sommer 2003