Willy-Brandt-Platz von Karin Sander und Lützow 7 |
Was ein Platz ist, weiß jeder: ein umbauter Raum in einem Dorf oder einer Stadt. Was aber soll die Kunst auf einem Platz sein? Ein Brunnen, eine Skulptur, die Lampen? Kunst auf Plätzen wirkt nicht selten hinzugefügt, wie ein Accessoire, das vielleicht einmal modisch war, aber nach einer kurzen Zeitspanne kaum noch Aufmerksamkeit erregt. Karin Sander und das Landschaftsarchitektenbüro Lützow 7 haben aus dieser leidvollen Erfahrung von Künstlern und Architekten eine radikale Schlussfolgerung gezogen. Gemeinsam haben sie den noch zu erbauenden Willy-Brandt-Platz weitgehend von Möblierung und Zierrat frei gehalten. Ihre künstlerische Arbeit besteht in der Beschränkung, der Purifizierung. Die Unsichtbarkeit des eigenen Eingriffs ist eine Art von Hervorhebung, von Kenntlichmachung des Eigentlichen. Dieses "Nichts" an sichtbarer Kunst schafft mehr Aufmerksamkeit für den Platz als jedes dekorative Objekt. Die Eingriffe sind minimal. Das Team der Platzgestalter will der Funktionsvielfalt nicht durch ein weiteres Angebot auf dem Platz etwas hinzufügen. Die bestehende Trapezform wird durch eine Randzone mit besonderer Pflasterung, Laternen und eine Baumreihe vor den Gebäudefassaden aufgenommen. Über die Pflasterung werden Aufenthaltsbereiche sowie Flächen akzentuiert, die wie Teppiche zu den Haupteingängen führen. Ansonsten bildet der Platz vor allem eine große zentrale Leerfläche. Er bleibt eine offene, durch Sander und Lützow 7 geöffnete Fläche für alle Nutzungswünsche. Das Gestalterteam spricht von Projektionsfläche und möchte diese Idee je nach vorhandenen Finanzmitteln auch durch Lichtprojektionen konkret nutzbar machen. Ob mit oder ohne eigene Lichtregie - der Haupteindruck des Platzes bleibt der eines großzügigen, nicht übermöblierten Raumes, wie ihn sich das Team vorstellt: "Die groß gehaltene Fläche wirkt vielen Zäsuren und der städtebaulichen Kleinteiligkeit entgegen und schafft eine farbliche und stoffliche Akzentuierung. Der Willy-Brandt-Platz soll als monochrome, homogene Fläche eine Plattform bieten, auf welcher alles möglich ist."
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Zur Vorgeschichte des Projekts: Der zentrale Platz der Messestadt Riem wird größer als der Marienplatz vor dem Rathaus. Er sollte ein besonderer Platz werden, und deshalb sollte Kunst auch nicht nur der nachträglichen Dekoration dienen, sondern von vornherein mit in die Platzgestaltung einbezogen werden. Dazu bildeten das Berliner Landschaftsarchitektenbüro Lützow 7 mit Cornelia Müller und Jan Wehberg sowie die Stuttgarter Künstlerin Karin Sander ein Team und präsentierten 2001 eine erste Konzeption, die die Jury aus Architekten und Planern überzeugte. Seither überarbeitet und entwickelt das Team die Pläne nach den Wünschen der Stadt und den Notwendigkeiten des baulichen Zusammenhangs, um ihn dann bis Frühjahr 2004 zu realisieren.
Der zukünftige Willy-Brandt-Platz ist der repräsentative
Vorplatz des Viertels und dessen kommerziellen Zentrums.
Er öffnet sich als Trapez nach Norden zur Willy-Brandt-Allee.
Hier entstehen die Riem-Arcaden, die mit Hotel, Wellness-Center,
Multiplex-Kino und einer Mall das Einkaufs- und Vergnügungszentrum
der Messestadt bilden werden. Die Riem-Arcaden definieren
das Aussehen des Platzes über ihre Fassaden und ein
die Fläche halbierendes Stützenband. Der Platz wird
durch die Funktionen der Umgebung in seiner Nutzung
und durch den umgebenden Raum in seiner Form bestimmt.
Stand Sommer 2003
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